Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie (UPD), Universität Bern
Ordinaria und Direktorin
Nach ihrem Studium der Wirtschafts- und Politikwissenschaften studierte Kristina Adorjan Medizin an der Technischen Universität in München und absolvierte ihre Facharztausbildung in der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie an der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU). Seit 2014 ist sie Mitglied und Projektkoordinatorin am Center for International Health (CIH/LMU) und seit 2015 als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Psychiatrische Phänomik und Genomik (IPPG) tätig.
Im März 2020 wurde sie Oberärztin und stellvertretende Direktorin der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie am LMU Klinikum München.
In Ihrer neuen Funktion als Direktorin der UPD an der Universität Bern möchte sie die drei Bereiche Medizin, Wirtschaft und Politik stärker verbinden und die psychiatrische Versorgung insbesondere in der Schweiz, aber auch in Entwicklungsländern verbessern.
Forschungstätigkeit in Afrika: Bereits seit Jahren unterstützt sie die psychiatrische Ausbildung und den Aufbau einer Forschungsinfrastruktur für klinische und biologische Studien in Äthiopien. Für ihre Forschungstätigkeit in Afrika wurde sie im Jahr 2019 mit dem DGPPN-Preis für «Forschung über psychische Erkrankungen» ausgezeichnet.
Der Schwerpunkt ihrer Forschungsaktivitäten liegt auf der Untersuchung der Interaktion von genetischen und umweltbedingten Faktoren bei psychischen Erkrankungen. Zudem beschäftigt sie sich mit der Entwicklung von neuartigen Versorgungsmodellen für Menschen mit psychischen Erkrankungen.
Keynote
Titel: Multidimensional and population-based genetico-epidemiological research in Africa. Focus on psychosis, substance abuse and trauma.
Zeit: FR 19.09.2025, 16:15 - 17:00
Sprache: Deutsch mit Übersetzung
Länder mit niedrigem Einkommen wie Äthiopien sind in globalen psychiatrischen genetischen Studien unterrepräsentiert. Die großen genomweiten Assoziationsstudien (GWAS) zu Schizophrenie, bipolaren Störungen und Depressionen enthalten keine afrikanischen Proben und generell nur wenige nichteuropäische Teilnehmer. Jüngste Bemühungen zielen darauf ab, diese Lücke zu schließen, indem vielfältigere Populationen aus Asien, dem Nahen Osten und Afrika einbezogen werden. Solche Studien bieten Einblicke in die Biologie psychiatrischer Störungen und ermöglichen eine Feinkartierung genetischer Assoziationen auf der Grundlage bevölkerungsspezifischer Unterschiede im Kopplungsungleichgewicht. Sie helfen auch bei der Identifizierung neuer genomischer Regionen, die mit psychiatrischen Störungen in Zusammenhang stehen. Die Untersuchung von Umweltfaktoren, die für Länder mit niedrigem Einkommen spezifisch sind, wie genetische Risikoloci und lokale Risikofaktoren, kann das Verständnis der Pathologie psychiatrischer Störungen verbessern und bessere Therapien in außereuropäischen Umgebungen ermöglichen. Ein umweltbedingter Risikofaktor in Ländern um das Horn von Afrika ist das Kauen von Khat (Catha edulis), das stimulierende Alkaloide enthält, die zu Psychosen beitragen können. Als Teil einer zukünftigen Studie über Khatmissbrauch, Trauma und Psychosen in Äthiopien haben wir Studien zu Phänotypen, Umwelt- und genetischen Risiken durchgeführt. Diese Forschung bietet eine einzigartige Gelegenheit, gut charakterisierte Stichproben zur psychischen Gesundheit in Äthiopien zu erstellen. Die Studie unterstützt auch die Entwicklung von Diensten für psychische Gesundheit, Bildung und Forschung in Übereinstimmung mit der World Psychiatric Association und UN Sustainable Development Goals.
University of Bern, Faculty of Medicine / Insel Gruppe AG, Direktion Lehre und Forschung
Dean / Director of Teaching and Research
Claudio Lino Alberto Bassetti, geboren und aufgewachsen im Tessin, ist verheiratet und Vater von drei Söhnen. Er spricht sechs Sprachen und interessiert sich für Musik, Geschichte und Sport.
Er promovierte 1984 an der Universität Basel. Er bildete sich in Neurologie in Bern und Lausanne weiter und forschte in den Bereichen experimentelle Neurophysiologie (Basel) und Schlaf (Ann Arbor, USA). Seit 2000 ist er Professor für Neurologie an der Universität Zürich. Im Jahr 2009 gründete er das Neurozentrum Südschweiz. Von 2012 bis 2024 war er Direktor des Departements Neurologie am Inselspital.
Während seiner gesamten Laufbahn war Prof. Bassetti vor allem als Allgemeinneurologe tätig, mit besonderem Interesse an der Vermittlung klinischer Fertigkeiten. Er leistete Pionierarbeit bei der Erforschung des Zusammenhangs zwischen Schlaf, Schlafstörungen und Schlaganfall, wobei er sowohl Menschen als auch Tiere untersuchte. Darüber hinaus leistete er grundlegende Beiträge zur Ätiologie, Pathophysiologie und Behandlung der Narkolepsie beim Menschen. Er ist Autor von mehr als 560 Publikationen (H-Index 105) und 10 Büchern.
Er war Präsident der Europäischen Neurologischen Gesellschaft, der Europäischen Gesellschaft für Schlafforschung, der Schweizerischen Neurologischen Gesellschaft (SNG) und der Europäischen Akademie für Neurologie (EAN). Er war Gründungspräsident der Swiss Federation of Clinical Neurosocieties (SFCNS). Während 8 Jahren war er Vorstandsmitglied der Schweizerischen Akademie der Medizinischen Wissenschaften (SAMW). Zurzeit ist er Vizepräsident des European Brain Council (EBC) und Dekan der Medizinischen Fakultät Bern sowie ist er Ehrenmitglied der SNS und EAN.
Keynote
Titel: Swiss Brain Health Plan: Update 2025
Zeit: 18.09.2025, 10:30 - 11:15
Sprache: English mit Übersetzung
University of Geneva, University Hospital of Geneva
Assistant Professor, Médecin Hospitalo-Universitaire
Indrit Bègue ist Assistenzprofessorin an der Universität Genf und Fachärztin an den Genfer Universitätsspitälern (HUG). Sie ist Vorstandsmitglied des Swiss Brain Health Plan und leitet den Forschungsschwerpunkt Hirngesundheit.
Sie verfügt über einen Doktortitel der Universität Tirana, ein eidgenössisches Medizinaldiplom und einen Doktortitel in Neurowissenschaften der Universitäten Genf und Lausanne. Sie spezialisierte sich in Psychiatrie und Psychotherapie in Genf und absolvierte eine Ausbildung in nicht-invasiver Neuromodulation an der Harvard Medical School (Beth Israel Deaconess & McLean Hospital).
Ihre Forschungsschwerpunkte sind fortgeschrittene Neurobildgebung und nicht-invasive Hirnstimulation zur Wiederherstellung dysfunktioneller Schaltkreise bei therapieresistenten psychiatrischen Störungen. Sie hat renommierte Auszeichnungen erhalten, darunter das Swiss Excellence Scholarship, das Cloëtta Foundation Clinical Medicine Plus Fellowship und den Leenaards Prize for Translational Biomedical Research (2023).
Am Universitätsspital Genf ist sie verantwortlich für Therapien mit transkranieller Magnetstimulation (TMS) von Hirnschaltkreisen. Sie arbeitet aktiv in schweizerischen und internationalen Arbeitsgruppen zur Erforschung der Hirngesundheit mit und kooperiert mit führenden neurowissenschaftlichen Zentren. Sie ist Autorin wichtiger psychiatrischer und neurowissenschaftlicher Publikationen und wird zu internationalen Konferenzen über Neuromodulation und Gehirngesundheit eingeladen.
Keynote
Titel: „Gesundheitliche und wirtschaftliche Belastung durch Hirnerkrankungen in der Schweiz aus der Global Burden of Disease Study 2021 - Handlungsoptionen“
Zeit: 18.09.2025, 10:30 - 11:15
Sprache: Englisch mit Übersetzung
Erkrankungen des Gehirns - sowohl psychiatrische als auch neurologische - stellen in der Schweiz eine grosse Herausforderung für die öffentliche Gesundheit dar und tragen wesentlich zu Behinderung und Mortalität bei. In dieser Präsentation werden die Ergebnisse der Studie Global Burden of Disease (GBD) 2021 vorgestellt und deren Belastung und wirtschaftliche Auswirkungen in der Schweiz untersucht. Erkrankungen des Gehirns machen einen beträchtlichen Teil der nationalen Krankheitslast und der Haushaltsausgaben in der Schweiz aus und betreffen alle Altersgruppen, von der Kindheit bis ins hohe Alter, wobei Frauen überproportional betroffen sind. Trotz ihrer Auswirkungen stehen die für hirnorganische Erkrankungen aufgewendeten Mittel in keinem Verhältnis zur Krankheitslast, was auf ein Ungleichgewicht in der Ressourcenallokation hinweist. Um dieses Ungleichgewicht zu beseitigen und die steigenden sozialen und wirtschaftlichen Kosten einzudämmen, sind höhere Investitionen in die Hirngesundheitsforschung und Prävention erforderlich.
GHU Paris Psychiatrie et Neurosciences, Hôpital Sainte Anne, Université Paris Cité
Professeur de psychiatrie, chef de pôle
Raphaël Gaillard ist Professor für Psychiatrie an der Université Paris Cité und Direktor der Universitätsklinik des Hôpital Sainte Anne. Seine Arbeit konzentriert sich auf die Modellierung der Gehirnfunktion mit Hilfe von Computerwerkzeugen und bildgebenden Verfahren. Er leitet den wichtigsten französischsprachigen Psychiatriekongress, den Congrès de l'Encéphale, an dem jedes Jahr mehr als 5000 Psychiater teilnehmen, sowie die gleichnamige Zeitschrift. Als Gerichtsgutachter ist er Vorsitzender der Compagnie des Experts Médicaux de la Cour d'Appel de Paris. Er ist Autor zahlreicher wissenschaftlicher Artikel in internationalen Fachzeitschriften für Psychiatrie und Neurowissenschaften und Träger des Prix Philippe et Marie Halphen der Académie des Sciences. Autor von Un coup de axe dans la tête. Folie et créativité (Grasset, 2022) und L'homme augmenté (Grasset, 2024) wurde er am 25. April 2024 in die Académie française auf den Stuhl 16 gewählt, der durch den Tod des Präsidenten Valery Giscard d'Estaing frei geworden war.
Keynote
Titel: « L’homme augmenté » - Macht und Risiken der technologischen Verschmelzung für die psychische Gesundheit.
Zeit: FR 19.09.2025, 09:15 - 10:00
Sprache: Französisch mit Übersetzung
Gestern war künstliche Intelligenz noch Science Fiction. Heute steht sie kurz davor, uns in vielen Funktionen zu ersetzen. Müssen wir mit einer Konfrontation zwischen Maschine und Homo sapiens rechnen?
Der Psychiater und Neurowissenschaftler Raphaël Gaillard zeigt, dass diese neue Intelligenz, die durch die Nachahmung unseres Gehirns entstanden ist, allen Grund hat, sich mit unserer Intelligenz zu vermischen. Die Herausforderung besteht nicht darin, mit der KI zu konkurrieren, sondern diese Hybridisierung erfolgreich zu gestalten. Schon heute ermöglichen Gehirn-Maschine-Schnittstellen einem gelähmten Menschen zu gehen oder seine Gedanken zu übertragen. Morgen werden wir die KI so nutzen wie unser Smartphone, immer und überall, als Anhängsel unserer selbst oder sogar, indem wir sie uns einverleiben. Müssen wir uns davor fürchten? Wie können wir uns auf dieses neue Zeitalter vorbereiten?
Wir haben bereits eine große Hybridisierung erlebt, mit dem Aufkommen des Schreibens und Lesens, das unseren Übergang von der Vorgeschichte zur Geschichte markierte. Unser Wissen durch Schreiben außerhalb unserer selbst zu speichern und es uns durch Lesen wieder anzueignen, war nicht so verschieden von dem, was uns die Technologie verspricht. Da dieses Abenteuer für die Menschheit ein Erfolg war, tun wir gut daran, es uns zum Vorbild zu nehmen.
Klinik für Allgemeine Psychiatrie
Karl-Jaspers-Professor für Philosophie und Psychiatrie
Prof. Dr. Dr. Thomas Fuchs, Psychiater und Philosoph, lehrt als Karl-Jaspers-Professor für philosophische Grundlagen der Psychiatrie und Psychotherapie an der Universität Heidelberg. Er ist Leiter der Sektion Phänomenologische Psychopathologie und Psychotherapie an der Psychiatrischen Universitätsklinik Heidelberg. Er ist zudem Herausgeber der Zeitschrift „Psychopathology“ und Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Phänomenologische Anthropologie, Psychiatrie und Psychotherapie (DGAP). 2023 wurde ihm der Erich-Fromm-Preises für Humanistische Psychologie verliehen. Seine Forschungsschwerpunkte sind die Phänomenologische Psychologie, Psychopathologie und Anthropologie, Theorien der Verkörperung und der Neurowissenschaften.
Keynote
Titel: Psychiatrie als Beziehungsmedizin – ein ökologisches Paradigma
Zeit: 18.09.2025, 17:15 - 18:00
Sprache: Deutsch mit Übersetzung
Der Psychiatrie, aber auch der psychosozialen Medizin insgesamt fehlt erkennbar ein integratives Paradigma, das in der Lage wäre, phänomenologische, neurobiologische, psychodynamische und sozialpsychiatrische Ansätze zu einer übergreifenden Konzeption psychischer Störungen zu verknüpfen. Das häufig noch herangezogene biopsychosoziale Modell ist dringend revisionsbedürftig, da es die neueren kognitionswissenschaftlichen Theorien des „Embodiment“ nicht mehr aufgegriffen hat. Der Vortrag entwirft auf der Basis des Verkörperungsparadigmas und des Gehirns als Beziehungsorgan eine ökologische Konzeption, die psychosoziale Medizin als Beziehungsmedizin begründen kann: als die Wissenschaft und Praxis von biologischen, psychischen und sozialen Beziehungen und ihren Störungen.